Contextual Targeting als neues Rezept für KMU
Datum: 24/04/2025
Autor: Janick Rolli

Passt die Werbung zum Inhalt? – Contextual Targeting als neues Rezept für KMU

 

 

Stellen Sie sich vor, Sie blättern online durch einen Reiseblog und entdecken plötzlich die Anzeige eines lokalen Outdoor-Shops für Wanderausrüstung. Zufall? Wahrscheinlich nicht. Contextual Targeting – das Schalten von Werbung im passenden thematischen Umfeld – erlebt gerade ein

Comeback. Besonders für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in der Deutschschweiz ohne grosse Marketingabteilung kann diese Strategie goldwert sein, um Display-Werbung effektiv und datenschutzfreundlich einzusetzen. Warum das so ist, welche Trends es gibt und wie man loslegt, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Was bedeutet kontextuelles Targeting?

Einfach gesagt geht es beim kontextuellen Targeting darum, Ihre Anzeigen dort zu platzieren, wo der inhaltliche Kontext passt. Die Werbung orientiert sich also am Inhalt der Webseite, nicht an persönlichen Nutzerdaten. So würde z. B. ein Autohändler seine Banner bevorzugt neben Auto-News oder Testberichten schalten, und ein Reisebüro wirbt in Reisemagazinen online​. Die Idee dahinter: Menschen achten mehr auf Werbung, die zum Thema passt, das sie gerade beschäftigt. Studien zeigen, dass Nutzer deutlich häufiger mit Anzeigen interagieren, wenn diese zum Inhalt der besuchten Seite passen – in manchen Fällen kann die Engagement-Rate um das Vier- bis Zehnfache höher liegen​.

Anders als beim behavioural Targeting (verhaltensbasierten Targeting), das Nutzer anhand ihres Surf-Verhaltens oder Cookies verfolgt, fragt kontextuelles Targeting: “Worum geht es gerade auf dieser Seite?” Entsprechend wird die Anzeige ausgespielt. Tracking-Cookies sind dafür nicht nötig. Statt das Verhalten einzelner Personen zu verfolgen, wird die Webseite oder App analysiert, auf der die Werbung erscheinen soll​. Vereinfacht: Der Inhalt liefert die Zielgruppe. Wenn jemand gerade einen Artikel über Gesundheitstipps liest, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass eine Anzeige für Vitamine oder Fitness-Angebote auf Interesse stösst – ganz ohne zu wissen, wer die Person ist​.

Warum boomt kontextuelle Werbung gerade jetzt?

Kontextuelles Targeting ist nicht neu, aber aktuell erlebt es einen Höhenflug. Der Hauptgrund: Datenschutz und das Ende der Third-Party-Cookies. Webbrowser wie Safari und Firefox blockieren schon länger Drittanbieter-Cookies, und Google Chrome zieht (Stand 2025) demnächst nach. In Folge davon wird ein immer grösserer Teil des Online-Werbeinventars “cookieless”, also ohne verwertbare Nutzerdaten. Tatsächlich sind heute bereits bis zu 70 % des offenen Web-Traffics nicht mehr über Third-Party-Cookies adressierbar​. Werbung muss also neue Wege finden, um relevante Zielgruppen zu erreichen – ohne auf persönliche Daten zuzugreifen.

Für Werbetreibende (und gerade KMUs) ist das zunächst eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Contextual Targeting bietet sich als natürliche Alternative an, denn es funktioniert unabhängig von individuellen Nutzerprofilen. Entsprechend planen zwei Drittel der US-Marketer, ihr Budget für kontextuelle Anzeigen deutlich zu erhöhen, da sie diese Methode als “vollwertigen Ersatz für Cookies” ansehen. Interessanterweise ist dabei der Aspekt Cookie-Ersatz gar nicht das wichtigste Argument aus Sicht der Werbungtreibenden – wichtiger sind handfeste Vorteile wie bessere Ergebnisse (ROI) und dass das Umfeld inhaltlich wirklich zum beworbenen Produkt passt. Mit anderen Worten: Kontextuelle Kampagnen performen nicht nur datenschutzfreundlich, sondern oft auch effizienter, weil Botschaft und Umfeld stimmig sind.

Zudem schwingt ein Thema immer mit: Markensicherheit. Kein Unternehmen – schon gar kein kleines – möchte mit seiner Anzeige neben schockierenden oder unpassenden Inhalten stehen. Moderne Kontext-Tools helfen, solche Platzierungen zu vermeiden, indem sie Seiteninhalte genau prüfen und sensible Themen aussparen. Auch das trägt dazu bei, dass kontextuelle Werbung gerade für KMUs attraktiv ist: Sie bietet mehr Kontrolle über das Umfeld und minimiert Risiken für die Markenreputation.

Kontext-Targeting im Einsatz: Wie DSPs & Co. helfen

Damit wirbt man also „im richtigen Umfeld“. Aber wie setzt man das praktisch um? Hier kommen DSPs (Demand Side Platforms) ins Spiel – professionelle Einkaufsplattformen für Online-Werbung wie Google Display & Video 360 (DV360), Adform oder Teads Ad Manager (TAM). Diese Tools ermöglichen es Werbetreibenden (bzw. ihren Agenturen), Anzeigenplätze programmatisch zu buchen und dabei gezielt bestimmte Kontexte auszuwählen. Im Kern bieten alle ähnliche kontextuelle Steuerungsmöglichkeiten:

  • Google DV360: Als Teil der Google-Marketing-Plattform erlaubt DV360 kontextuelles Targeting über Schlüsselwörter, Themenkategorien oder Placements. Beispielsweise kann ein KMU eine Liste von Keywords hinterlegen – sagen wir “Wandern, Alpen, Outdoor” – und DV360 wird die Banner bevorzugt auf Seiten ausspielen, die diese Begriffe im Text haben oder thematisch dazu gehören. Ebenso gibt es vordefinierte Themen (Topics) wie “Sport”, “Finanzen” oder “Reisen”, die man buchen kann. Die Reichweite stammt dabei meist aus dem Google Display Netzwerk, zu dem auch viele Schweizer Nachrichtenseiten und Blogs gehören. Wichtig zu wissen: DV360 ist sehr leistungsfähig, aber meist über Agenturen oder mit gewissem Setup-Aufwand verbunden. Für Einsteiger-KMUs bietet sich alternativ auch Google Ads selbst an – dort gibt es im Display-Netzwerk ebenfalls Kontext-Optionen (Stichwort “Displaynetzwerk-Keywords” und “Themen-Targeting”), in einer etwas einfacheren Oberfläche.
  • Adform: Der dänische DSP-Anbieter Adform, der in Europa (auch in der Schweiz) weit verbreitet ist, hat ebenso kontextuelle Targeting-Features fest integriert. Wer über Adform Kampagnen bucht, kann z. B. bestimmte Webseitenkategorien oder sogar einzelne Domains als Umfeld wählen. Adform arbeitet dabei oft eng mit grossen Verlagshäusern zusammen und nutzt semantische Analyse der Seiteninhalte, teilweise in Kooperation mit Spezialanbietern. Ein Vorteil: Adform setzt stark auf First-Party-Daten und Datenschutzkonformität (Stichwort “Privacy by Design”). Für ein Schweizer KMU, das vielleicht schon Kundendaten hat, kann Adform so die eigenen Daten (z. B. CRM-Listen) mit kontextuellem Ausspielen kombinieren – um Bestandskunden genau dann anzusprechen, wenn sie gerade passenden Content lesen. Zwar ist Adform eher ein Profi-Tool, aber es gibt in der Schweiz Agenturen und Vermarkter, die Adform-Technologie in Paketen auch für kleinere Budgets anbieten.
  • Teads Ad Manager (TAM): Teads – bekannt durch Videoanzeigen innerhalb von redaktionellen Artikeln – positioniert seine Plattform offen als „cookieless ready“. TAM gilt als eine der ersten vollständig Cookie-unabhängigen DSPs, die kontextuelles Targeting von Grund auf eingebaut haben. Für Werbekunden heisst das: Man kann heute schon bei Teads nach Herzenslust zielgruppengenau werben, ohne auf Drittanbieter-Cookies zu setzen. TAM bietet „Predictive Audiences“ (prognostizierte Zielgruppen) und fortgeschrittene kontextuelle Targeting-Optionen, exklusiv innerhalb ihres Netzwerks. Das Teads-Netzwerk umfasst viele namhafte Nachrichtenseiten (auch in der Deutschschweiz) und analysiert permanent deren Inhalte. Dank direkter Partnerschaften mit Verlagen kann Teads Artikel in Echtzeit auswerten und z. B. erkennen: Hier geht es um Fussball und die Stimmung ist neutral/positiv – passend für die Bier-Werbung eines KMU-Brauers; dort drüben ein Artikel über einen Finanztrend – ideal für die Anzeige eines lokalen Treuhandbüros.

Wie man sieht, haben alle grossen DSP-Plattformen das Prinzip “Werben im richtigen Kontext” fest im Repertoire. Man wählt Schlagwörter oder Themen aus, und die Plattform übernimmt die Platzierung auf passenden Webseiten. Moderne Systeme nutzen dabei immer häufiger künstliche Intelligenz, um noch präziser zu sein. Bei StackAdapt – einem weiteren DSP – etwa gibt man einfach ein paar relevante Inhaltssignale vor, und ein KI-Algorithmus sucht automatisch die besten Seiten und Umfelder für die Anzeige​. Das funktioniert in mehreren Sprachen und ohne, dass der Werbende jedes Detail manuell einstellen muss​. Für KMUs ohne eigene Marketingabteilung ist das ideal: Man profitiert von der “Schlauheit” der Plattform, die die Heavy Lifting-Arbeit übernimmt.

Innovationen: KI, Analysepower und Privacy-First

Warum ist kontextuelles Targeting heute so viel besser als noch vor ein paar Jahren? Ein grosses Stichwort lautet KI-gestützte Inhaltsanalyse. Früher bedeutete Kontext-Targeting oft simpel, nach ein paar Keywords zu filtern – nicht immer treffsicher. Heutzutage setzen DSPs Natural Language Processing (NLP) und andere KI-Techniken ein, um den Inhalt einer Seite fast so zu verstehen wie ein Mensch. Das heisst, der Algorithmus liest gewissermassen den Text, schaut sich Bilder an und erkennt das übergeordnete Thema​. Dabei werden auch Synonyme erkannt und die Tonality berücksichtigt. Zum Beispiel kann eine moderne KI unterscheiden, ob ein Artikel über “Kaffee” sich positiv mit neuen Barista-Trends befasst (gutes Umfeld für eine Kaffeemaschinen-Werbung) oder ob er die negativen Gesundheitsaspekte von Koffein diskutiert – letzteres Umfeld würde man dann eher ausschliessen, selbst wenn das Keyword „Kaffee“ vorkommt. So eine feinfühlige semantische Analyse war vor einigen Jahren in der Breite kaum verfügbar.

Zudem ermöglichen fortschrittliche Systeme “semantisches Targeting”: Man gibt nicht mehr nur starre Stichworte vor, sondern ganze Themenfelder. Die KI erkennt dann alle Seiten, die thematisch passen, selbst wenn sie nicht jedes spezifische Keyword enthalten​. Ein Sportartikel-Händler muss also nicht an jede Sportart einzeln denken – er kann einfach das Thema Sport & Fitness anvisieren, und die Plattform findet von selbst relevante Artikel über Fussball, Joggen, Wandern, etc., wo seine Anzeigen auftauchen können​.

Privacy-First-Ansätze sind ein weiterer Innovationsmotor. Da kontextuelles Targeting ohne persönliche Identifikatoren auskommt, gilt es als datenschutzfreundlich. Dies passt in die aktuelle Zeit, in der Nutzer und Gesetzgeber mehr Privatsphäre einfordern. Einige Plattformen gehen noch einen Schritt weiter und nutzen kontextuelle Signale, um Zielgruppen zu bilden, ohne individuelle Profile anzulegen. Teads beschreibt zum Beispiel, wie aus Millionen einzelner Seitenaufrufe Muster abgeleitet werden: Bestimmte Kombinationen von Inhalts-Themen, Uhrzeit, Gerätetyp etc. können zusammen auf eine Audience hindeuten – ohne dass eine einzige Person verfolgt wird. Mit Machine-Learning findet man so Interessengruppen, die rein auf Kontext basieren. Das klingt futuristisch, wird aber in ersten Ansätzen bereits genutzt, um im **“Open Web” auch ohne Cookies relevante Zielgruppen anzusprechen.

Wichtig für KMUs: All diese Technik arbeitet hinter den Kulissen, um Ihre Kampagnen effizienter zu machen. Man muss kein Data Scientist sein, um davon zu profitieren. Im Gegenteil, die fortschrittlichen KI-Funktionen nehmen einem viel Arbeit ab – sie sorgen etwa dafür, dass Ihre Anzeigen stets in aktuellen, passenden Artikeln erscheinen (da die Inhalte des Web sich ja ständig ändern, scannt die KI fortlaufend neue Seiten​). Und sie helfen, Streuverluste zu reduzieren, indem sie Anzeigen automatisch aus Umfeldern fernhalten, die nicht performen oder nicht zum Markenimage passen.

Praxisbeispiele: Wie KMUs kontextuelles Targeting nutzen können

Theorie schön und gut – aber wie sieht das konkret aus? Hier ein paar Anwendungsszenarien, die zeigen, wie KMUs in der Deutschschweiz Contextual Targeting gewinnbringend einsetzen können:

  • Beispiel 1: Lokales Sportgeschäft. Stellen wir uns ein Sportartikel-KMU aus Winterthur vor, das für die Frühlings- und Sommersaison werben möchte. Mit kontextuellem Targeting könnte es seine Banner gezielt auf regionalen Newsportalen im Sport-Ressort platzieren lassen – immer dann, wenn Berichte über die Fussballliga, Radrennen oder Wandertipps erscheinen. Die Leser dieser Artikel sind höchstwahrscheinlich sportinteressiert und damit genau die richtige Zielgruppe. Ohne dass das Sportgeschäft diese Personen kennt, erreicht es sie im richtigen Moment: nämlich wenn sie gerade mental bei ihrem Hobby sind. Kombiniert man das noch mit Geo-Targeting auf die Region Zürich/Schweiz, erhalten nur Nutzer im Einzugsgebiet die Werbung. Streuverlust? Minimal. Relevanz? Maximal hoch.
  • Beispiel 2: Software-Dienstleister (B2B). Ein kleines IT-Unternehmen aus Zürich bietet Cloud-Software für Unternehmen an. Die klassischen Online-Werbeprofile (Alter, Geschlecht etc.) helfen hier wenig, weil die Zielgruppe IT-Entscheider sehr spezifisch ist. Kontextuelles Targeting schafft Abhilfe: Das Unternehmen bucht über einen DSP Umfelder wie IT-Fachportale, Business-News zum Thema Digitalisierung und Artikel über Cloud Computing. So erscheinen die Anzeigen genau dort, wo sich Fachleute informieren. Angenommen, auf handelszeitung.ch oder inside-it.ch liest jemand einen Artikel über „Sichere Cloud-Lösungen im Mittelstand“ – genau dort prangt die Werbebotschaft des KMU für seine Cloud-Software. Die Chance, dass ein interessiertes Augenpaar darauf klickt, ist ungleich höher, als würde man wahllos durchs Netz bannern.
  • Beispiel 3: Restaurant und Gastro. Auch für sehr lokale Unternehmen kann Contextual Targeting funktionieren. Nehmen wir ein Restaurant in Bern mit Eventservice. Es könnte z. B. auf Freizeit- und Event-Websites werben, immer dann, wenn Beiträge über Ausgehen, Kulinarik oder lokale Veranstaltungen veröffentlicht werden. Liest jemand den Blogeintrag “Top 10 Locations für Firmenfeiern in Bern”, begegnet ihm die Anzeige des Restaurants als potentieller Caterer – passender geht’s kaum. Selbst wenn solche Nischenumfelder weniger Besucher haben, ist jeder Kontakt hochrelevant. Das KMU muss also kein Riesenbudget haben, sondern nutzt seine Mittel gezielt dort, wo seine potenziellen Kunden lesen.

Zum Schluss noch ein paar Tipps für den Einstieg: Beginnen Sie im Zweifel im Kleinen. Viele DSPs erlauben Testkampagnen mit geringem Budget, insbesondere Teads oder auch Netzwerk-Tools wie Google Ads. Überlegen Sie, welche Themen Ihre Zielgruppe interessieren – notieren Sie 5–10 Schlagworte oder thematische Kategorien. Diese dienen als Grundlage für das kontextuelle Targeting. Scheuen Sie sich nicht, Ihre Anzeigentexte und -motive an das Umfeld anzupassen: Wenn Sie wissen, Ihre Anzeige erscheint auf Tech-Seiten, darf ruhig ein kleiner Tech-Bezug in der Werbebotschaft vorkommen. Und schliesslich: Beobachten Sie die Ergebnisse. DSPs liefern detaillierte Berichte, auf welchen Seiten Ihre Werbung lief und wie die Resonanz war. Nutzen Sie diese Daten, um Ihre Strategie feinzujustieren – etwa profitable Umfelder weiter auszubauen und weniger effektive auszuschliessen.

Eines ist sicher: Werbung ohne Cookies muss kein Buch mit sieben Siegeln sein. Gerade für KMUs kann kontextuelles Targeting ein Werkzeug sein, um effektiv Sichtbarkeit zu erreichen, ohne in komplexe Datenanalyse eintauchen zu müssen. Und dank modernen, KI-gestützten Plattformen geschieht vieles automatisiert im Hintergrund – sodass Sie sich zurücklehnen können, während Ihre Werbung die passenden Leser:innen zur passenden Zeit findet​. In diesem Sinne: Viel Erfolg beim Ausprobieren – vielleicht passt Ihre nächste Anzeige ja schon wie die Faust aufs Auge zum Artikel, neben dem sie steht!

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